Chesslete

Herkunft

Die Chesslete ist ein Fasnachtsbrauch aus Solothurn. - Dabei gehen Leute in weissem Nachthemd, Zipfelmütze und rotem Halstuch in der Stadt umher und veranstalten mit Kuhglocken, Hörnern, Rätschen, Pfannendeckel und anderen Lärmwerkzeugen einen riesigen Lärm, um die Wintergeister zu vertreiben.
Nach dem anstrengenden Chessler-Umzug gibt es Mehlsuppe und Brot.
Text von: "http://de.wikipedia.org/wiki/Chesslete"

Chesslete in Biberist

Auch in Biberist gehört die Chesslete am Schmutzigen Donnerstag zur Tradition. Früh morgens um 05:00 Uhr finden sich die Chessler in den weissen Nachthemden, der Zipfelmütze und dem roten Halstuch und dies seit der ersten eigenen Fasnacht in Biberist im Jahr 1946. Die anschliessende warme Mehlsuppe gehört selbstverständlich dazu.

Die Mehlsuppe wird von jeher gratis an die Chessler abgegeben. Dies geschah immer in der Narrenhochburg St. Urs. Nach dem Wegzug des Gastwirtes Johann Zemp blieb der St. Urs längere Zeit geschlossen. Die Mehlsuppe wurde daraufhin im Restaurant Rössli ausgeschenkt. Seit dem Jahr 2009 wird die Mehlsuppe in verschiedenen mitwirkenden Restaurants gratis abgegeben.

Angeführt wird die Chesslerschar durch den Oberchessler, der auch alljährlich die Chesslerroute festlegt.

Unfug an der Chesslete

Es gibt immer wieder Personen, welche die Chesslete dazu missbrauchen, ihrem Vandalismus freien Lauf zu lassen. Dies sind auch keine echten Chessler, sondern nur simpler Pöbel, der die weisse Zipfelmütze dazu missbraucht, sein schwarzes Gedankengut zu verstecken.

Allerdings soll der normale jugendliche Übermut respektiert und toleriert werden. Ein gutes Beispiel dazu liefert ein "Chesslete-Geschädigter" in einem Brief aus dem Jahr 1962 an den Obernarren.

... ein Brief von 1962

Grossmächtiger Obernarr

Euer frühmorgendlicher Auftakt der heurigen Fasnacht hat mich zwar durch den Plasticbombenanschlag so in nächster Nähe beinahe aus den Federn gesprengt. Im letzten Moment konnte ich mich an einem Zipfel der Wolldecke aus Kamelhaar festhalten und mich bis zum viel zu frühen Morgengrauen unter dieselbige verkriechen.

Beim Erwachen und Hinuntersteigen in die Parterre-Gemächer, oh Graus, fiel mein noch etwas trüber Blick auf ein grosses Loch in einer Scheibe eines Fensters meines Hauses. - Da hat es geklepft, sagte ich mir geistesgegenwärtig, einer der Chessler muss da durch falsch gelenkte Bewegung versucht haben, sich etwas Wärme zu verschaffen und seinem Übermut ein Ventil zu öffnen. Ob sein Steinwurf in's Fenster beabsichtigt war, und ob damit der Bewohner, also ich, als Zielscheibe gemeint war, wage ich zu bezweifeln.

Zweck meines schriftlichen Schreibens ist, Sie zu bitten, mir umgehend zu melden, bei welchem Schreiner ich die Scheibe auf ihre Kosten fachmännisch reparieren lassen kann. Für sofortige Antwort danke ich zum voraus, denn es zieht!

Mit fasnächtlichem Gruss
gez. Rud. Stuber, Schwarzweg 5

Chesslete und Schule

Die Probleme mit den sogenannten schulfreien Stunden oder Tagen vor oder nach traditionellen Fasnachtsanlässen bewegten schon früher die Gemüter. Nachstehender Leserbrief eines Solothurners von 1955 zeigt, dass das Geplänkel sich in der Geschichte wiederholt.

Abschrift aus Solothurner Anzeiger vom 14.02.1955
STIMME AUS DEM LESERKREIS

Eine kleine Anfrage an die Schulbehörde
Ich möchte höflich fragen, ob es nicht möglich wäre, den Kindern unserer Stadtschulen am "Schmutzigen Donnerstag" sowie am Freitag- und Mittwochmorgen schulfrei zu geben. Ich glaube nicht, dass die Kinder an diesen Tagen sehr leistungsfähig sind, am Donnerstag nicht wegen der "Chesslete" und am Freitag und Aschermittwoch wegen der vorausgegangenen Fastnacht. Auch wenn die Kinder nach bodenständiger Solothurner Tradition nur am Nachmittag "fasnachtmachen", sind sie doch auch durch das Lärmen der Grossen in ihrer Nachtruhe oft sehr stark gestört. Darum glaube ich, dass die drei vorgeschlagenen freien Morgen für die Schule eher noch ein Nutzen wären. Die Kinder kämen nachher wieder ausgeruht und freudig in die Schule.
Meines Wissens wurden s.Zt. die Weihnachtsferien um acht Tage gekürzt, um den Kindern noch Sportferien einzuräumen. Wegen Schneemangel wurden diese jedoch letztes und dieses Jahr übergangen und auch deswegen könnten die paar Freistunden sicher verantwortet werden.
In Basel sind während den Fasnachtstagen, nebst den Sportferien, sämtliche Schulen geschlossen!

Solothurner Anzeiger
STIMME AUS DEM PUBLIKUM

Von zuständiger Seite wird in verdankenswerter Weise auf eine kleine Anfrage unter "Stimme aus dem Publikum" des Solothurner Anzeigers vom 14. Februar 1955 folgende Antwort zugestellt:

Die Frage der Unterrichts-, resp. "Freizeitregelung" über die Fastnachtstage ist schon öfters von den Schulbehörden diskutiert worden. Wenn sich nun allerdings grundsätzlich die Fastnachtsnarren von Solothurn vermutlich nicht wesentlich von denen von Basel unterscheiden, so sind die Verhältnisse doch bei uns andere. Eine generelle Schliessung der Schulen während dieser Zeit - und eventuell Einschaltung einer Sportwoche - ist deshalb stets eindeutig abgelehnt worden. Dass am Morgen nach der Chessleten nicht schulfrei ist, hat seine guten Gründe. Es gibt eben leider auch in Solothurn nicht alles gut erzogene und gut behütete Kinder, die den Weisungen der Eltern und Erzieher willig Gehör schenken. Nun wünschen aber die Behörden nicht, dass nach der offiziellen Chessleten auch noch Schüler sich auf den Strassen herumtummeln und unter Umständen - was absolut möglich wäre - durch ihr Benehmen Aergernis hervorrufen. Es gäbe auch keine Ausrede: "Das sind auswärtige Kinder, unsere sind schon aus Tradition brav, tugendhaft und sittsam"; denn in allen Gemeinden um Solothurn herum wird ja Schule gehalten. Dass jedoch auch die Schulbehörden Verständnis für einen fröhlichen, im Rahmen des Anstandes und der Schicklichkeit sich bewegenden Fastnachtsbetrieb haben, beweist u. a. folgender Ausschnitt aus dem Zirkular der Schuldirektion:

Am Schmutzigen Donnerstag (17. Februar) und Fastnachtsdienstag (22. Febr.) wird nachmittags keine Schule gehalten. Nach der Chessleten (17. Februar) fällt der Morgenunterricht wohl nicht aus, jedoch wird doch die Lehrerschaft im Hinblick auf die traditionelle Beteiligung unserer Jungmannschaft bei dieser echt solothurnischen Veranstaltung ersucht, weder Bussen noch Strafen für zu spätes Erscheinen zu verhängen, sondern "Fünfi" grad sein lassen. Dagegen sind die Schüler zu ermahnen, sich nicht nur während der Chessleten, sondern während der ganzen Fastnachtszeit trotz fröhlicher, erlaubter Ausgelassenheit diszipliniert und anständig aufzuführen, wie dies ja jeweils auch im Aufruf des Oberchesslers verlangt wird. Beleidigungen von Leuten und böswilliger Unfug sind eines echten Solothurner "Chessleten-Bruders" unwürdig, wie auch nach guter Tradition dieser fröhliche Auftakt gemäss den Weisungen des Narrenkomitees (Obernarr) durchzuführen ist, d. h. also nicht schon nach Mitternacht anfangen, sondern auf den Zeitpunkt des Aufrufes.

Bezüglich der Störung der Nachtruhe glauben wir nicht, dass dies im allgemeinen so schlimm ist, ausgenommen vermutlich für die Kinder im Zentrum der Stadt und einiger anderer neuralgischer Gegenden. Dagegenkommt es ja auch im Verlaufe des Jahres etwa vor, dass Eltern oder ältere Geschwister später als normalerweise nach Hause kommen, ohne dabei die übrigen Familienangehörigen aus ihrer Nachtruhe aufzuschrecken.
Was die Ferien anbetrifft, stimmt die Behauptung des Einsenders jedoch nicht, dass die Weihnachtsferien um acht Tage auf Kosten eventueller Sportferien gekürzt werden. Gerade das Gegenteil ist nämlich der Fall, indem die ursprünglich 8-10 Ferientage auf 14 Tage ausgedehnt worden sind. Die Kinder kommen also nicht zu kurz; allerdings Sportferien - und zwar zusätzliche Sporttage - werden jedoch nur eingeschaltet, sofern die Wetter- und Schneeverhältnisse einen verantwortbaren Sportbetrieb für alle Schüler gestatten.

Gespräch mit Hrn. Schuldirektor Dr. Staub

Solothurn, vom 18.1.1956 i.S. Beteiligung der Schulkinder an der Fastnacht.

0ffiziell mischt sich die Schulkommission nicht in die fastnächtlichen Probleme.

Der Lehrerschaft wird nahe gelegt, die Kinder teilnehmen zu lassen.

Die Kinder können an der Kessleten mitmachen, aber stehen unter der Kontrolle des Obernarrs, der dafür sorgt, dass der Lärm erst anfängt , wenn er das Zeichen gibt. Es ist Beschluss der Schulkommission, am schmutzigen Donnerstag Gnade vor Reeht gelten zu lassen und Kinder nicht zu bestrafen, auch wenn sie zu spät in die Schule kommen. Einige Lehrer fangen mit der Schule erst um 9.00 h an.

Den Kindern den ganzen Morgen frei zu geben am Schmutzigen Donnerstag, hat die Schulbehörde abgelehnt. Die Kinder sollen sich nicht (wie es gelegentlich Erwachsene tun), auf den Strassen herumtreiben und alles belästigen.

Seit 1955 ist vom Fastnachtskomitee ein Wettbewerb eröffnet für schöne Kindermasken. Ausgesetzt werden total Fr. 400.--. Die 1. Maske erhält Fr. 100.--.

Der Kinderumzug steht unter der Aufsicht der Lehrer. Die prämierten Kindermasken sollen auch am grossen Fastnachtumzug teilnehmen, unter Aufsicht der Lehrer. Dagegen werden nicht prämierte Kinder am Erwachsenenumzug nicht zugelassen.

Von der Schuldirektion werden immer Umfragen gehalten, wer von der Lehrerschaft sich zur Verfügung stelle. Die Kinder werden von den Lehrern auch auf die neuerlichen Prämiirungen aufmerksam gemacht. Es wird ihnen aber von gleicher Warte aus erklärt, dass sie nicht herumtoben und herumtollen dürfen ohne jedes Mass. Fastnacht sei ein Fest der gezügelten Freude.

Biberist, 18. Januar 1956

Mit freundlichem Gruss
Niederhauser

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