Die Bütt
Die Bütt ist quasi "närrisches Hoheitsgebiet", auf dem der Vortragende die viel zitierte Narrenfreiheit geniesst, in der er glaubt, das sagen zu können, was er sich sonst nicht zu sagen getraut hätte. Sie ist das närrische Rednerpult für Witz, Geist und Satire.
Ihrer Herkunft nach ist die Bütt ein halbes, nach hinten geöffnetes Weinfass. Ist sie zu ihrem närrischen Verwendungszweck wegen ihres symbolischen Inhaltes gekommen? Der Wein gehört schliesslich unabdingbar zum närrischen Geschehen. Oder dachte man bei ihrem Einsatz an Diogenes, den weisen Mann aus dem antiken Griechenland, der aus einem solchen Fass seine Philosophie verkündete? Vorwiegend in Deutschland hat man vielleicht deshalb im Laufe der Zeit der Bütt das Aussehen einer Eule, dem Vogel der Weisheit, gegeben und nennt sie aus diesem Grund auch respektvoll "die Eulentonne"?
Wie oft hat der Narr in der Vergangenheit durch gesunde, konstruktive Kritik Anregungen gegeben und dazu beigetragen, dass lokale Probleme im Bürgersinne gelöst werden konnten? Deshalb bedient sich auch gerne die profane Prominenz der Bütt, um ihren Standpunkt möglichst gereimt und humorvoll vorzutragen. So steht die Bütt auch als närrisch demokratisches Forum, als Instrument für praktizierte Narrheit-Einigkeit.
Die närrische Elf
Elfter Elfter, elf Uhr elf: nur ein kurioses Ziffernspiel - nur eine Schnapszahl? Keineswegs, die Elf hat für die Narren eine besondere Bedeutung. Sie ist keine regionale Erfindung der Mainzer oder Kölner Karnevalisten. Wo immer sich Narren treffen, spielt die Elf eine große Rolle. Wo aber liegen die Wurzeln, warum ist die Elf für die Narren so wichtig?
Der 11. November war schon vor seinem Ruhm als Start der Fastnachtssaison (vorwiegend in Deutschland) ein wichtiger Tag im Jahresablauf: vom Martinstag ausgehend geht es in Schritten von 40 Tagen zum Winteranfang und dann zum Festtag Maria Lichtmess (dem frühestmöglichen Fastnachtsdienstag). Ausserdem ist überliefert, dass ab dem Martinstag die Feldarbeit bis zum Frühjahr ruhte und die Landarbeiter ihren Lohn erhielten - ein guter Grund für ein Fest.
Aber auch die reinen Buchstaben des Wortes "Elf" haben die Karnevalisten mit Sinn gefüllt, sind sie doch ein Verweis auf die Parolen der Französischen Revolution: E-galité (Gleichheit), L-iberté (Freiheit) und F-raternite (Brüderlichkeit). Insofern unterstreicht schon das Schriftbild der Elf, dass alle Menschen unter der Narrenkappe gleich sind. Aber auch als Ziffer demonstriert die Elf die Gleichheit aller Narren. Denn schließlich gleichen sich die beiden Einsen der Elf bis aufs Haar. Möglicherweise sitzen in deutschen Karnevalsvereinen aus diesen Gründen genau elf Narren im Elferrat.
Ganz besonders wichtig ist darüber hinaus die mittelalterlich-christliche Interpretation der Zahl Elf. In der christlichen Zahlenmystik gilt die Elf als Zahl der Masslosigkeit und der Sünde. Sie ist teuflisch, da sie das überschreitet, was anhand der zehn Finger menschlicher Hände und der gottgegebenen Zehn Gebote fassbar ist. Wer die Zahl Elf feiert, bricht mit den göttlichen und weltlichen Gesetzen. Der Bezug zur Fastnacht als einem Fest, bei dem es ausgelassen und nicht immer gerade sehr christlich zugeht, ist insofern leicht herzustellen.
Mehr noch, in der Zahlenmystik ist die Elf auch die letzte Stunde im Zeitempfinden: Sie erinnert an die Endlichkeit des Lebens. Und auch wenn der Narr unserer Zeit nichts mehr von christlicher Zahlenmystik weiss, so wird ihm doch spätestens am Aschermittwoch seine Vergänglichkeit wieder bewusst.
Die Solothurnerzahl 11
Solothurn hat eine spezielle Beziehung zu der Zahl Elf, deren Ursprung bis ins Mittelalter führt. Bereits der erste Rat, den die Solothurner stellen durften, zählte 11 Mitglieder. Solothurn wurde ausserdem im Jahr 1481 als elfter Stand in die Alte Eidgenossenschaft aufgenommen. Nachdem immer mehr solche 11er-Beziehungen zum Vorschein traten, begannen die Solothurner diese Zahl bewusst zu pflegen.
So verfügt das Wahrzeichen der Stadt, die St.-Ursen-Kathedrale, über elf Altare und elf Glocken. Zu ihr hinauf führt eine Treppe mit jeweils 11 Stufen pro Abschnitt. Es gibt in Solothurn elf Kirchen und Kapellen, sowie elf historische Brunnen. Im weiteren hat die Stadt elf Türme, elf Zünfte, elf Stadttore, elf Stadtplätze, elf Museen und sogar eine Solothurner Uhr , die nur 11 Stunden hat. Das im Naturmuseum hängende Foucault-Pendel, welches die Erddrehung anzeigt, dreht sich ebenfalls um elf Grad pro Stunde.
Eine lokale Brauerei heisst Öufi Bier (solothurnisches Schweizerdeutsch für Elf) und produziert ein gleichnamiges Bier.
In Solothurn ist manches elfmalig - Solothurn aber ist einmalig!
Guggenmusik
Die aus dem alemannischen Raum stammende Guggenmusik (auch Guggemusik) ist eine stark rhythmische und absichtlich falsch gespielte Blasmusik. Sie klingt ziemlich schräg, da meist gekonnt "knapp neben" der Melodie gespielt wird, die aber durchaus zu erkennen ist. Unterstützt wird die Blasmusik von allerlei Schlagwerk. Dadurch entsteht eine wilde, mitreissende Musik, zu der auch gut getanzt werden kann.
Die Guggenmusik ist Bestandteil der schwäbisch-alemannischen und der Schweizer Fasnacht. Die Musiker sind verkleidet und maskiert. Da es regional teils stark unterschiedliche Fastnachtstraditionen gibt, zeigen sich auch in der Guggenmusik keine einheitlichen und klar umgrenzten Ausprägungen. Dominiert wird sie aber von den traditionellen Blasinstrumenten wie Trompete und Posaune sowie von Schlaginstrumenten.
Vermutlich geht diese Art der "schrägen" Musik zurück auf den mittelalterlichen Brauch, die Geister des Winters mit dem Blasen von Kuhhörnern auszutreiben. Daraus entwickelten sich dann im Laufe der Zeit laute und bunte Umzüge zur Fasnacht, die den Geistern mit viel Krach, Getöse und jämmerlichen Klängen sowie mit Masken und Kostümen zu Leibe rücken wollten. Verwendet wurden dabei vor allem Rasseln, Kuhglocken, Trommeln und Pfeifen.
Das Wort Gugge bedeutet im Alemannischen Tüte, was im Basler Raum auch eine einfache Maske meint. Im Schweizerdeutsch ist Gugge ein Sammelbegriff für Blechblasinstrumente. Ihren grossen Durchbruch erlebte die Guggenmusik im vergangenen Jahrhundert, als sie aus dem Basler Raum nach Süddeutschland, Italien und Österreich schwappte.